Leadership – « Kleinigkeiten und Führungswerkzeuge » – Süddeutsche Zeitung 04.01.2015 – Part 2

Kleinigkeiten und Führungswerkzeuge

Wichtig ist ebenfalls, fünftens, die Vereinbarung klarer Ziele. Wer kein Ziel hat, wird nie ein Ziel erreichen. Deshalb ist es wichtig, früh die beidseitigen Erwartungen zu klären: Was erwartet die Führungskraft vom Mitarbeiter, aber auch, was erwartet der Mitarbeiter von der Führungskraft? Dazu gehört auch Feedback: Wichtig ist positive Rückmeldung im Sinne einer Lob- und Anerkennungskultur, genauso wichtig ist auch konstruktive Korrektur in Form von Verbesserungsvorschlägen. Das gehört ebenso dazu wie Wertschätzung. Menschen blühen auf, wenn sie das Gefühl haben, dass sie wichtig und wertvoll sind. Man muss ihnen vermitteln, dass eine Uhr nicht funktioniert, wenn ein kleines Zahnrädchen nicht funktioniert.Zu den wichtigen Grundsätzen gehört Fairness. Es ist nicht immer möglich, die teils egoistischen Interessen der Mitarbeiter zu befriedigen. Führen ist oft auch das Management von Enttäuschungen. Umso wichtiger ist es, Entscheidungen so zu erklären, dass der Mitarbeiter sie verstehen: Menschen sind bereit, nahezu alles zu ertragen, wenn sie wissen, warum. Auch das ist ein Beitrag zum guten Teamklima: Die Motivation hängt stark davon ab, ob das Teamklima unterstützend ist, aber natürlich auch, ob im Team ein Commitment für Exzellenz und Menschenwürde besteht. Das ist unter anderem Sache der Führungskräfte und Multiplikatoren. Genauso wichtig ist schließlich zehntens die individuelle Entwicklung: Damit viele Menschen fachlich und persönlich vorankommen, muss man Rahmenbedingungen geben.Unsere Forschung zeigt: Je mehr diese Prinzipien gelebt werden, umso eher kann man das Potenzial von Kreativität, Motivation und Innovation aktivieren, was letztlich sowohl einer Exzellenzkultur wie einer Wertschätzungskultur zugutekommt.

4. Die Kleinigkeiten nicht vergessen

Die Welt besteht nicht nur aus den großen Dingen, sondern auch aus kleinen. Danke sagen, Bitte sagen, sich ernsthaft erkundigen, wie es dem Kollegen geht, sind solche Dinge. Man muss sich auch um das allgemeine Wohlbefinden kümmern. Sollte man die defekte Kaffeemaschine ersetzen? Ist die Raumausstattung optimal? Bekommt der Mitarbeiter zum Geburtstag nicht nur ein Dankeschön, sondern einen kleinen Blumenstrauß? An vielen dieser Kleinigkeiten registrieren die Mitarbeiter, ob sie für wichtig gehalten werden.

5. Wichtige Führungswerkzeuge zur Motivation anwenden

Sehr gute Erfahrungen haben wir in Firmen gemacht, die einfache Führungswerkzeuge eingeführt haben, um die Motivation zu erhöhen. Zum Beispiel Selbst- und Teamreflexion oder Fünf-Minuten-Gespräche. Gegenstand der Reflexion ist, das Hamsterrad anzuhalten und zu überlegen, was lief gut, was lief nicht gut, wie kann man Dinge verbessern – sowohl einzeln als auch im Team. Dies ist nicht nur ein Aspekt für die Hygiene, sondern dient der kontinuierlichen Verbesserung.

Weiterhin helfen sogenannte Fünf-Minuten-Gespräche mit jedem Mitarbeiter, die alle zwei bis vier Wochen durchgeführt werden und in denen über individuelle Soll- und Ist-Zustände reflektiert wird. Weitere wichtige Werkzeuge sind eigentlich simple Dinge, die aber sehr motivierend wirken: Fragen stellen und zulassen, den Mitarbeiter dazu bringen, Probleme mit Lösungen zu verbinden.

6. Nicht jeder kann motivieren

Nicht jeder ist zur Führung und Motivation geeignet. Man muss belastbar sein. Man muss den Mut haben, mal die Augen zuzudrücken, gleichzeitig aber auch den Mut haben, Unpopuläres zu sagen. Man darf nicht lieb Kind sein wollen, sondern muss respektiert werden. Die Autorität zur Führung muss man durch sein eigenes Verhalten erlangen. Man muss die Sprache des Gegenübers verstehen, sowohl des Kunden als auch des Mitarbeiters. Man muss seine Emotionen kontrollieren können, wer permanent ausflippt, wird Vertrauen verspielen.

Umso wichtiger ist es, bei der Auswahl und Beförderung von Führungskräften die charakterlichen Eigenschaften eines Menschen zu berücksichtigen. Man sollte für Führung auf keinen Fall per se die beste Fachkraft nehmen, sondern den geeignetsten Mitarbeiter: Der hat zwar von der Sache eine Ahnung, aber noch viel besser weiß er, wie man mit Menschen so umgeht, dass sie für Exzellenz und Wertschätzung stehen. Begrenzt kann man Letzteres sogar lernen, aber nicht jeder.

Beim Motivieren geht es um Wissen, Handlungskompetenzen und Werte. Es soll allerdings ein Missverständnis vermieden werden. Der Mitarbeiter kann nicht sagen: Nun liebe Führungskraft, motiviere mich mal. Führungskräfte sollen Rahmenbedingungen für intrinsische Motivation bieten – aber letztlich ist jeder Mitarbeiter selbst für seine Motivation verantwortlich. Das heißt, er muss sich auch immer selbst so regulieren, dass er mit suboptimalen Bedingungen umgehen kann. Das ist im Berufsleben nicht anders als im Privatleben.

Par Dieter Frey (Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Leiter des LMU-Centers für Leadership und People Management)

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Erschienen am 4. Januar 2015 in der Süddeutsche Zeitung.