Filme und Beziehungen: „Love is all you need“ von Susanne Bier

© Prokino-2012

© Prokino-2012

Manche Filme nehmen uns mit auf die Reise durch das Leben. Geführt durch ein Drehbuch, Dialoge, Interpretationen, legen wir für einen Augenblick in unbekannten, neuen, exotischen, fremden Häfen an. Hier haben wir Gelegenheit, uns zu reflektieren und nachzudenken – über uns wie über die Beziehung, die wir zu dem anderen und zu uns selbst unterhalten. Manche Filme hinterlassen ein Lächeln in unserem Gesicht und erwecken in uns den Wunsch, uns mitzuteilen. In dieser Rubrik möchte ich Sie an Filmen teilhaben lassen, die mich berühren, Fragen aufwerfen, mich ansprechen. Filme, die ich mit meinem von Optimismus und Freude geprägten Leben als Homo Esperus verbinde.

Love is all you need

Eine Begegnung. Ein Mann. Eine Frau. Nichts Besonderes, werden Sie sagen, und dennoch… Jede Begegnung ist einzigartig. Zwei Menschen, vom Leben gezeichnet. Ein Leben, in dem sie um Atem ringen, ihre Gefühle leugnen, abgeschnitten von ihren Emotionen und ihren Empfindungen.

Eine recht merkwürdige Begegnung infolge eines Autounfalls im Parkhaus des Flughafens. Sie werden dasselbe Flugzeug besteigen, um sich zu derselben Hochzeit zu begeben – der Hochzeit ihrer Kinder. Bei dem Zusammenstoß rutscht der Frau die Perücke über die Augen, was den Herrn in seinen Beschimpfungen jäh verstummen lässt, sichtlich betroffen vom Anblick des kahlen Schädels, der das Brandzeichen der Krebserkrankung trägt. Für die beiden Hauptdarsteller wird die unmögliche Hochzeit ihrer Kinder zu einer strahlenden, von Freude und Vergnügen erfüllten Begegnung. Ein echter Genuss!

Und da ich die Welt nun aus dem Blickwinkel eines Homo Esperus betrachte, kann ich nicht umhin, diese Preziosen als Denkanstöße zu begreifen, die uns im Zuge der Begegnungen und Trennungen, die unseren Lebensweg säumen, gegeben werden.

Was mich anrührt: Nach dem Tode seiner Frau widmet sich Philip voll und ganz seinem Unternehmen und lässt so seinen Sohn Patrick als Vollwaisen zurück, da er als Vater nun ebenfalls nicht mehr präsent ist, gefangen in seinem Leid und unfähig, auf die Beziehungsbedürfnisse seines Kindes einzugehen.

Welchen Weg wäre Philip gegangen, wenn er die Methode ESPERE® kennengelernt hätte?

Mir gefällt der Gedanke, dass er eine Trainerin oder einen Trainer getroffen hätte, die bzw. der ihn in seiner Trauerarbeit begleitet hätte. In einem ersten Schritt hätte er sich die Gewalt bewusst gemacht, die er durch den plötzlichen Tod seiner Frau (bei einem Autounfall ums Leben gekommen) erfahren hatte. Kleine Fußnote: Die Begegnung findet infolge eines Autounfalls statt… überraschend, nicht wahr? Er hätte sich dazu einen möglichst wirklichkeitsbezogenen Gegenstand zur Darstellung dieser Gewalt ausgesucht, um sie nicht zu verleugnen, aber auch um sich die Macht anzueignen, sich von ihr nicht überwältigen zu lassen. Er hätte erfahren, dass es möglich ist, mit diesem Gegenstand eine Beziehung einzugehen, ihm einen Platz im Alltag einzuräumen. Dann hätte er Bilanz gezogen über seine Gefühle – die eher positiven Gefühle für die verstorbene Gattin zum Zeitpunkt des Todes, aber auch bezüglich ihrer gemeinsamen Geschichte. Dasselbe hätte er mit seinen eher negativen Gefühlen getan. Danach hätte er Bilanz gezogen über die Qualität ihrer Beziehung: Das Gute, das sie miteinander ausgetauscht hatten, aber auch das Schlechte, das er erfahren hatte. Das wäre natürlich ein mehr oder weniger lang Weg gewesen. Dann hätte Philip erfahren, dass Worte häufig nicht ausreichen und dass es hier eine außerordentlich wirkungsvolle Herangehensweise gibt: die symbolische Rückgabe. Eines Tages hätte er vielleicht die erlittene Gewalt zurückgegeben, indem er den Gegenstand zum Beispiel auf dem Grab der verstorbenen Gattin abgelegt hätte. Er hätte einen Brief hinzugelegt und einen weiteren Gegenstand als Symbol für das „Nicht-Gute“, das er in der Beziehung erfahren hatte, um es nicht weiter mit sich herumzutragen. Und schließlich hätte er insbesondere auch die Liebe symbolisiert, die er noch für seine Frau empfand. Aber ja, so verblüffend es auch klingen mag: Wenn die Person, die wir lieben, nicht mehr da ist, bedeutet dies noch lange nicht, dass wir sie nicht mehr lieben. So ist es nach einer Trauerphase oder einer Trennung dann möglich, diese ungenutzte Liebe zu symbolisieren. Philipp hätte auch erfahren, dass das von ihm geplante gemeinsame Leben mit seiner Frau nicht mehr möglich gewesen wäre. Dass der Traum von der Weitergabe des Lebens, vom gemeinsamen Altwerden, von der Weltreise usw. sich nie mehr hätte verwirklichen lassen. Er hätte also diesen Traum vom gemeinsamen Leben symbolisiert, er hätte ihn sich wieder zu eigen gemacht, um dann erst in einem zweiten Schritt darauf zu verzichten. Mir gefällt die Idee, dass dieser Mann den Mut gehabt hätte, die ausgestreckte Hand zu sehen und zu ergreifen – und dass er die Methode ESPERE® kennengelernt hätte.