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Filme und Beziehungen: „Don Jon“ von Joseph Gordon-Levitt

imagesManche Filme nehmen uns mit auf die Reise durch das Leben. Geführt durch ein Drehbuch, Dialoge, Interpretationen, legen wir für einen Augenblick in unbekannten, neuen, exotischen, fremden Häfen an. Hier haben wir Gelegenheit, uns zu reflektieren und nachzudenken – über uns wie über die Beziehung, die wir zu dem anderen und zu uns selbst bereit sind zu unterhalten. Manche Filme hinterlassen ein Lächeln in unserem Gesicht und erwecken in uns den Wunsch, uns mitzuteilen. In dieser Rubrik möchte ich Sie an Filmen teilhaben lassen, die mich berühren, Fragen aufwerfen, mich ansprechen. Filme, die ich mit meinem Leben als Homo Esperus verbinde.

Don Jon
Es war einmal ein hübscher junger Mann Anfang zwanzig, der von seinen Freunden in Anspielung auf die Verführungskünste eines Don Juan „Don Jon“ genannt wird. Trotz seines Erfolges beim schönen Geschlecht – er schafft es immer wieder, Frauen in der Disco abzuschleppen – und der sich daraus ergebenden sexuellen Beziehungen sagt Jon, dass ihm „Sex mit einer Frau nicht reicht“. Er gibt sich also mehrmals am Tag einer anderen Lieblingsbeschäftigung hin, dem Masturbieren beim Anschauen pornographischer Filme.

Die Samstage verbringt er mit seinen „Jungs“ und mit sexuellen Begegnungen, die Sonntage aber gehören der Familie, mit der er die Hl. Messe besucht. Nachdem er sein Sexualleben gebeichtet hat, isst er mit Vater, Mutter und Schwester zu Mittag und geht dann ins Fitnesscenter, wo er beim Training die Ave-Maria betet, die ihm der Priester zur Vergebung seiner Sünden aufgegeben hat.

Dieser unveränderliche Rhythmus wird eines Tages gestört, als er die sehr sinnliche Barbara kennenlernt, die auch als Erste seinen Avancen widersteht. Es wird ihm bewusst, dass er von tiefer Unzufriedenheit geplagt wird. Er beschließt nun, dies zu ändern und dazu etwas Neues auszuprobieren: diese Frau zu erobern, die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht.

Dieser Film – wirklich eine angenehme Überraschung – beschreibt in einem bunten Reigen von Szenen feinfühlig Johnnys beziehungsfeindliches Umfeld sowie die Gründe für seine Sucht. Er endet mit einer außergewöhnlichen Begegnung, die zur Verwandlung der Hauptperson führt… mehr möchte ich dazu nicht verraten.

Wenn ich den Film durch meine Brille als Homo Esperus betrachte, erfüllt mich der Wunsch, Ihnen von den Szenen zu erzählen, die mich am meisten amüsiert und fasziniert haben.

Am Familientisch

Das sonntägliche Mittagessen bei den Eltern ist Schauplatz für unmögliche Wortwechsel zwischen Vater und Sohn: Der Vater schreit seinem Sohn gutgemeinte Ratschläge zu, während er mit gebanntem Blick auf den Fernseher schaut und dort mit großer Leidenschaft ein Fußballspiel verfolgt – das Ganze bei einem Hintergrundgeräusch, das jedes Zuhören physikalisch unmöglich macht. Jons Schwester wiederum ist ausschließlich mit ihrem Smartphone beschäftigt, hat aber am Schluss noch einen wundervollen Auftritt. Die Mutter wartet sehnsüchtig darauf, Oma zu werden. Sie lädt diese Erwartungen voll und ganz auf ihrem Sohn ab und lässt es sich nicht nehmen, ihn dies in einem Ton wissen zu lassen, der leichte Schuldgefühle hervorruft. Sie finden in diesen Szenen also alle Bestandteile des Systems SAPPE wieder: Befehlen, Drohen, Abwerten, Hervorrufen von Schuldbewusstsein und Erpressen durch moralischen oder emotionalen Druck. Das Ganze umhüllt von gutem Willen und gemütlichem Familienleben. Ein wahrer Genuss! Woran man sieht, dass es möglich ist, die Mitglieder seiner Familie zu lieben und mit ihnen „energiefressende“ Beziehungen zu unterhalten.

Barbara oder die Pseudo-Liebe

Scarlett Johansson in der Rolle der Barbara ist ganz einfach göttlich, sie verfügt von Natur aus über alle Trümpfe, mit denen sich unserem Helden der Kopf verdrehen lässt. Die Liebesbeziehung, auf die sie sich mit ihm einlassen will, ist hingegen nichts anderes als eine Pseudo-Liebe, genauer gesagt eine Liebe, um ein Bedürfnis zu decken. Ihr Bedürfnis nämlich, einen Gefährten zu finden, der sämtlichen Kriterien entspricht, die sie von den von ihr so geliebten Liebesfilmen übernommen hat. Sie diktiert Jon also, was er zu tun und zu lassen hat, damit er ihrem Ideal entspricht. Woran man sieht, dass es möglich ist, seinen Partner zu lieben und gleichzeitig eine Beziehung zu akzeptieren, in der ein Partner den anderen terrorisiert.

Eine echte Liebesbegegnung

Esther ist die einzige Person, die sich mit Johnny auf eine unvoreingenommene Beziehung einlässt, die auf Zuhören, Respekt und Wohlwollen beruht. Diese Frau ist anders, feinfühlig, sie ist in der Lage, nuanciert zu denken und zu handeln, und sie geht unserem Helden, der jünger ist als sie, zumindest anfangs auf die Nerven, indem sie Kontakt zu ihm sucht, ihm Fragen stellt, und ihm dann auch noch ein wirklich untypisch Geschenk macht. Sie versteht es, ihm richtige, verstörende Fragen zu stellen – Fragen, die uns in unseren Grundfesten erschüttern, wenn wir bereit sind, uns auf sie einzulassen, und uns dazu bringen, neue Türen zu öffnen, neue Wege einzuschlagen. Sie ist auch die einzige Person, die imstande ist, mit dem anderen über sich und nicht über den anderen zu reden. Durch sie erhält Jon Zugang zu einer anderen Welt und entdeckt das Glück einer gesunden Beziehung. Diese wundervolle Beziehung – ich wünsche allen, dass sie eines Tages eine solche Beziehung führen können – ist die Umsetzung eines Satzes aus dem Buch „Pour ne plus vivre sur la planète TAIRE“ (Um nicht mehr auf dem Planeten des Schweigens zu leben) von Jacques Salomé: „Worauf es in einer Beziehung wirklich ankommt, ist, dass sie einen schöner und lebendiger macht“. Woran man sieht, dass es möglich ist, eine Liebesbeziehung zu führen, die an das Beste von sich und die Positiva des anderen anknüpft, ohne sich dabei von dem Negativen, das potenziell in jedem vorhanden ist, vergiften zu lassen.

 

Was macht ein gelungenes Leben aus?

Was macht ein gelungenes Leben aus? Die Lehren der längsten Studie zum Thema „Glück“ werden in diesem Vortrag von Robert Waldinger, Leiter von der Harvard Study of Adult development vorgestellt.

Für all diejenigen die es noch nicht wissen, diese Tatsache vergessen haben und die die wissenschaftliche Sorgfalt schätzen, weist diesen Vortrag nach, dass unser Glück und unser Gesundheit in direkter Verbindung mit der Qualität unserer zwischenmenschlichen Beziehungen stehen; und natürlich auch mit der Beziehung die wir mit uns selber pflegen.

Hingegen bin ich einer ganz anderen Meinung von Robert Waldinger, wenn er behauptet, dass zwischenmenschliche Beziehungen kompliziert und schwierig sind. Das Problem liegt darin, dass wir nie gelernt haben zu kommunizieren. Wir wiederholen unermündlich die gleichen Verhaltermuster, die wir in unserer Familie und in der Schule gelernt haben.

 

Filme und Beziehungen: „Love is all you need“ von Susanne Bier

© Prokino-2012

© Prokino-2012

Manche Filme nehmen uns mit auf die Reise durch das Leben. Geführt durch ein Drehbuch, Dialoge, Interpretationen, legen wir für einen Augenblick in unbekannten, neuen, exotischen, fremden Häfen an. Hier haben wir Gelegenheit, uns zu reflektieren und nachzudenken – über uns wie über die Beziehung, die wir zu dem anderen und zu uns selbst unterhalten. Manche Filme hinterlassen ein Lächeln in unserem Gesicht und erwecken in uns den Wunsch, uns mitzuteilen. In dieser Rubrik möchte ich Sie an Filmen teilhaben lassen, die mich berühren, Fragen aufwerfen, mich ansprechen. Filme, die ich mit meinem von Optimismus und Freude geprägten Leben als Homo Esperus verbinde.

Love is all you need

Eine Begegnung. Ein Mann. Eine Frau. Nichts Besonderes, werden Sie sagen, und dennoch… Jede Begegnung ist einzigartig. Zwei Menschen, vom Leben gezeichnet. Ein Leben, in dem sie um Atem ringen, ihre Gefühle leugnen, abgeschnitten von ihren Emotionen und ihren Empfindungen.

Eine recht merkwürdige Begegnung infolge eines Autounfalls im Parkhaus des Flughafens. Sie werden dasselbe Flugzeug besteigen, um sich zu derselben Hochzeit zu begeben – der Hochzeit ihrer Kinder. Bei dem Zusammenstoß rutscht der Frau die Perücke über die Augen, was den Herrn in seinen Beschimpfungen jäh verstummen lässt, sichtlich betroffen vom Anblick des kahlen Schädels, der das Brandzeichen der Krebserkrankung trägt. Für die beiden Hauptdarsteller wird die unmögliche Hochzeit ihrer Kinder zu einer strahlenden, von Freude und Vergnügen erfüllten Begegnung. Ein echter Genuss!

Und da ich die Welt nun aus dem Blickwinkel eines Homo Esperus betrachte, kann ich nicht umhin, diese Preziosen als Denkanstöße zu begreifen, die uns im Zuge der Begegnungen und Trennungen, die unseren Lebensweg säumen, gegeben werden.

Was mich anrührt: Nach dem Tode seiner Frau widmet sich Philip voll und ganz seinem Unternehmen und lässt so seinen Sohn Patrick als Vollwaisen zurück, da er als Vater nun ebenfalls nicht mehr präsent ist, gefangen in seinem Leid und unfähig, auf die Beziehungsbedürfnisse seines Kindes einzugehen.

Welchen Weg wäre Philip gegangen, wenn er die Methode ESPERE® kennengelernt hätte?

Mir gefällt der Gedanke, dass er eine Trainerin oder einen Trainer getroffen hätte, die bzw. der ihn in seiner Trauerarbeit begleitet hätte. In einem ersten Schritt hätte er sich die Gewalt bewusst gemacht, die er durch den plötzlichen Tod seiner Frau (bei einem Autounfall ums Leben gekommen) erfahren hatte. Kleine Fußnote: Die Begegnung findet infolge eines Autounfalls statt… überraschend, nicht wahr? Er hätte sich dazu einen möglichst wirklichkeitsbezogenen Gegenstand zur Darstellung dieser Gewalt ausgesucht, um sie nicht zu verleugnen, aber auch um sich die Macht anzueignen, sich von ihr nicht überwältigen zu lassen. Er hätte erfahren, dass es möglich ist, mit diesem Gegenstand eine Beziehung einzugehen, ihm einen Platz im Alltag einzuräumen. Dann hätte er Bilanz gezogen über seine Gefühle – die eher positiven Gefühle für die verstorbene Gattin zum Zeitpunkt des Todes, aber auch bezüglich ihrer gemeinsamen Geschichte. Dasselbe hätte er mit seinen eher negativen Gefühlen getan. Danach hätte er Bilanz gezogen über die Qualität ihrer Beziehung: Das Gute, das sie miteinander ausgetauscht hatten, aber auch das Schlechte, das er erfahren hatte. Das wäre natürlich ein mehr oder weniger lang Weg gewesen. Dann hätte Philip erfahren, dass Worte häufig nicht ausreichen und dass es hier eine außerordentlich wirkungsvolle Herangehensweise gibt: die symbolische Rückgabe. Eines Tages hätte er vielleicht die erlittene Gewalt zurückgegeben, indem er den Gegenstand zum Beispiel auf dem Grab der verstorbenen Gattin abgelegt hätte. Er hätte einen Brief hinzugelegt und einen weiteren Gegenstand als Symbol für das „Nicht-Gute“, das er in der Beziehung erfahren hatte, um es nicht weiter mit sich herumzutragen. Und schließlich hätte er insbesondere auch die Liebe symbolisiert, die er noch für seine Frau empfand. Aber ja, so verblüffend es auch klingen mag: Wenn die Person, die wir lieben, nicht mehr da ist, bedeutet dies noch lange nicht, dass wir sie nicht mehr lieben. So ist es nach einer Trauerphase oder einer Trennung dann möglich, diese ungenutzte Liebe zu symbolisieren. Philipp hätte auch erfahren, dass das von ihm geplante gemeinsame Leben mit seiner Frau nicht mehr möglich gewesen wäre. Dass der Traum von der Weitergabe des Lebens, vom gemeinsamen Altwerden, von der Weltreise usw. sich nie mehr hätte verwirklichen lassen. Er hätte also diesen Traum vom gemeinsamen Leben symbolisiert, er hätte ihn sich wieder zu eigen gemacht, um dann erst in einem zweiten Schritt darauf zu verzichten. Mir gefällt die Idee, dass dieser Mann den Mut gehabt hätte, die ausgestreckte Hand zu sehen und zu ergreifen – und dass er die Methode ESPERE® kennengelernt hätte.

Leadership – « Kleinigkeiten und Führungswerkzeuge » – Süddeutsche Zeitung 04.01.2015 – Part 2

Kleinigkeiten und Führungswerkzeuge

Wichtig ist ebenfalls, fünftens, die Vereinbarung klarer Ziele. Wer kein Ziel hat, wird nie ein Ziel erreichen. Deshalb ist es wichtig, früh die beidseitigen Erwartungen zu klären: Was erwartet die Führungskraft vom Mitarbeiter, aber auch, was erwartet der Mitarbeiter von der Führungskraft? Dazu gehört auch Feedback: Wichtig ist positive Rückmeldung im Sinne einer Lob- und Anerkennungskultur, genauso wichtig ist auch konstruktive Korrektur in Form von Verbesserungsvorschlägen. Das gehört ebenso dazu wie Wertschätzung. Menschen blühen auf, wenn sie das Gefühl haben, dass sie wichtig und wertvoll sind. Man muss ihnen vermitteln, dass eine Uhr nicht funktioniert, wenn ein kleines Zahnrädchen nicht funktioniert.Zu den wichtigen Grundsätzen gehört Fairness. Es ist nicht immer möglich, die teils egoistischen Interessen der Mitarbeiter zu befriedigen. Führen ist oft auch das Management von Enttäuschungen. Umso wichtiger ist es, Entscheidungen so zu erklären, dass der Mitarbeiter sie verstehen: Menschen sind bereit, nahezu alles zu ertragen, wenn sie wissen, warum. Auch das ist ein Beitrag zum guten Teamklima: Die Motivation hängt stark davon ab, ob das Teamklima unterstützend ist, aber natürlich auch, ob im Team ein Commitment für Exzellenz und Menschenwürde besteht. Das ist unter anderem Sache der Führungskräfte und Multiplikatoren. Genauso wichtig ist schließlich zehntens die individuelle Entwicklung: Damit viele Menschen fachlich und persönlich vorankommen, muss man Rahmenbedingungen geben.Unsere Forschung zeigt: Je mehr diese Prinzipien gelebt werden, umso eher kann man das Potenzial von Kreativität, Motivation und Innovation aktivieren, was letztlich sowohl einer Exzellenzkultur wie einer Wertschätzungskultur zugutekommt.

4. Die Kleinigkeiten nicht vergessen

Die Welt besteht nicht nur aus den großen Dingen, sondern auch aus kleinen. Danke sagen, Bitte sagen, sich ernsthaft erkundigen, wie es dem Kollegen geht, sind solche Dinge. Man muss sich auch um das allgemeine Wohlbefinden kümmern. Sollte man die defekte Kaffeemaschine ersetzen? Ist die Raumausstattung optimal? Bekommt der Mitarbeiter zum Geburtstag nicht nur ein Dankeschön, sondern einen kleinen Blumenstrauß? An vielen dieser Kleinigkeiten registrieren die Mitarbeiter, ob sie für wichtig gehalten werden.

5. Wichtige Führungswerkzeuge zur Motivation anwenden

Sehr gute Erfahrungen haben wir in Firmen gemacht, die einfache Führungswerkzeuge eingeführt haben, um die Motivation zu erhöhen. Zum Beispiel Selbst- und Teamreflexion oder Fünf-Minuten-Gespräche. Gegenstand der Reflexion ist, das Hamsterrad anzuhalten und zu überlegen, was lief gut, was lief nicht gut, wie kann man Dinge verbessern – sowohl einzeln als auch im Team. Dies ist nicht nur ein Aspekt für die Hygiene, sondern dient der kontinuierlichen Verbesserung.

Weiterhin helfen sogenannte Fünf-Minuten-Gespräche mit jedem Mitarbeiter, die alle zwei bis vier Wochen durchgeführt werden und in denen über individuelle Soll- und Ist-Zustände reflektiert wird. Weitere wichtige Werkzeuge sind eigentlich simple Dinge, die aber sehr motivierend wirken: Fragen stellen und zulassen, den Mitarbeiter dazu bringen, Probleme mit Lösungen zu verbinden.

6. Nicht jeder kann motivieren

Nicht jeder ist zur Führung und Motivation geeignet. Man muss belastbar sein. Man muss den Mut haben, mal die Augen zuzudrücken, gleichzeitig aber auch den Mut haben, Unpopuläres zu sagen. Man darf nicht lieb Kind sein wollen, sondern muss respektiert werden. Die Autorität zur Führung muss man durch sein eigenes Verhalten erlangen. Man muss die Sprache des Gegenübers verstehen, sowohl des Kunden als auch des Mitarbeiters. Man muss seine Emotionen kontrollieren können, wer permanent ausflippt, wird Vertrauen verspielen.

Umso wichtiger ist es, bei der Auswahl und Beförderung von Führungskräften die charakterlichen Eigenschaften eines Menschen zu berücksichtigen. Man sollte für Führung auf keinen Fall per se die beste Fachkraft nehmen, sondern den geeignetsten Mitarbeiter: Der hat zwar von der Sache eine Ahnung, aber noch viel besser weiß er, wie man mit Menschen so umgeht, dass sie für Exzellenz und Wertschätzung stehen. Begrenzt kann man Letzteres sogar lernen, aber nicht jeder.

Beim Motivieren geht es um Wissen, Handlungskompetenzen und Werte. Es soll allerdings ein Missverständnis vermieden werden. Der Mitarbeiter kann nicht sagen: Nun liebe Führungskraft, motiviere mich mal. Führungskräfte sollen Rahmenbedingungen für intrinsische Motivation bieten – aber letztlich ist jeder Mitarbeiter selbst für seine Motivation verantwortlich. Das heißt, er muss sich auch immer selbst so regulieren, dass er mit suboptimalen Bedingungen umgehen kann. Das ist im Berufsleben nicht anders als im Privatleben.

Par Dieter Frey (Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Leiter des LMU-Centers für Leadership und People Management)

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Erschienen am 4. Januar 2015 in der Süddeutsche Zeitung.

Leadership – « Zur Exzellenz geführt » – Süddeutsche Zeitung 04.01.2015 – Part 1

Exzellenter Artikel zum Thema Führung (sowohl Mitarbeiter- als auch Unternehmensführung) und den Zusammenhang zwischen Exzellenz und eine erfolgreiche Kommunikationskultur.
Sinn und Nutzen von Kommunikationstraining und Berufsbezogener Selbstreflexion auf dem Punkt gebracht, prägnant und synthetisch. Absolut lesenswert. Der Grund warum meine Arbeit mich begeistert!

« Wenn der Chef glaubt, er führt, tue ich so, als ob ich arbeite »: Wie schafft es ein Unternehmer, seine Mitarbeiter zu motivieren? Reden, lauschen und entscheiden, meint unser Experte. Die Prinzipien für gute Chefs in sechs Thesen.

Wofür will man motivieren?

Bevor man sich Gedanken macht, was man tun kann, um Mitarbeiter zu motivieren, muss man sich rückbesinnen, was das Kerngeschäft und die Kernziele des eigenen Unternehmens sind. Im Allgemeinen wird man Produkte oder Dienstleistungen herstellen, die auf dem Markt erfolgreich sein sollen, das heißt, man muss letztlich die Bedürfnisse der Kunden erfüllen oder übertreffen. Die Erfüllung der Erwartungen und die Zufriedenheit der Kunden geschieht aber nicht zufällig, sondern ist abhängig von der täglichen Leistung der Mitarbeiter. Wenn die Mitarbeiter sich schlecht behandelt fühlen, werden sie auf Dauer keine gute Arbeit abliefern und sich weder mit der Aufgabe noch dem Chef oder der Organisation identifizieren. Die Mitarbeiter handeln nach der Devise: « Wenn der Chef glaubt, er führt, tue ich so, als ob ich arbeite. » Berücksichtigt man die neuesten Forschungsbefunde – auch die, die wir am LMU Center for Leadership and People Management gefunden haben – kann man wie folgt motivieren:

1. Exzellenzkultur und Wertschätzungskultur schaffen

Führung (sowohl Mitarbeiter- als auch Unternehmensführung) hat in ihrer Motivationsstrategie darauf zu achten, dass drei Kulturen in einer Organisation gelebt werden: Erstens eine Kultur von Exzellenz, Leistung, Innovation, Nachhaltigkeit und Qualität, zweitens eine Kultur von Wertschätzung, Fairness und Transparenz und drittens eine Kultur ethikorientierter Führung, die durch Vorbild, Verantwortung, Verpflichtung gekennzeichnet ist.

Dabei muss die Führungskraft permanent klären und reflektieren, was konkret die Umsetzung aller drei Kulturen bedeutet. Die Umsetzung einer Exzellenzkultur wird bedeuten, dass man sich mit den Besten vergleicht, sich laufend entwickelt, verbessert, reflektiert, wo man noch zulegen kann. Hinsichtlich der Kultur der Wertschätzung ist es dasselbe: ein laufender Prozess im Sinne von « Gehen wir fair und wertschätzend mit den Mitarbeitern um? » Letzteres nicht nur aus humanitären Gründen, was selbstverständlich wäre, sondern auch aus kaufmännischen Gründen, weil gilt: Wertschöpfung entsteht durch Wertschätzung. Das heißt aber, dass man die Quadratur des Kreises erreichen muss, nämlich Wertschätzung mit Exzellenz zu verbinden.

Die Kunst der Motivation von Führung besteht darin, den Mitarbeitern diese Quadratur des Kreises zu transportieren. Mitarbeitermotivation heißt also keineswegs nur, sich wohlzufühlen und gemeinsam Kaffee zu trinken, sondern Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt Erfolg haben, gleichzeitig aber die Mitarbeiter und das Team fair und anständig zu behandeln. Das ist kein Widerspruch, sondern ein permanentes Lavieren, manchmal auch ein strukturiertes Durchwurschteln (« muddling through »). Die Führungskraft muss Vorbild im Leben dieser Kulturen sein, sie muss sich für diese Kulturen von Exzellenz und Wertschätzung verantwortlich fühlen und sich laufend verpflichtet fühlen, alles zu tun, damit das Potenzial, das in den drei entscheidenden Kulturen vorhanden ist, ausgeschöpft wird.

2. Für eine hierarchiefreie Kommunikation sorgen

Wie werden diese drei Kulturen im Alltag umgesetzt, sodass sie zu Motivation führen? Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass eine Führungsperson allein nichts erreichen kann; sie braucht Unterstützer. Im Sinne des 2-6-2-Modells braucht sie also bei zehn Mitarbeitern mindestens zwei Positiv-Multiplikatoren, die die Philosophie unterstützen und vorausgehen, und sie muss schauen, dass die zwei Personen, die gegenarbeiten, nicht die Überhand gewinnen. Im Idealfall werden die sechs Personen aus dem mittleren Bereich von den Positiv-Multiplikatoren mitgezogen. Des Weiteren braucht man für die Umsetzung eine hierarchiefreie Kommunikation über drei Dinge: Was läuft gut? Was läuft nicht gut? Welche konkreten Verbesserungen bestehen? Wichtig ist, dass jeder Mitarbeiter alles ohne Angst ansprechen darf.

3. Durch kluge Führung die intrinsische Motivation fördern

Wir haben ein Prinzipienmodell der Führung und Motivation entwickelt und dieses in vielen Groß- und Mittelstandsunternehmen mit Tausenden Mitarbeitern und Führungskräften untersucht.

Unsere Forschung zeigt, dass es vor allem zehn Prinzipien sind, die Menschen in Richtung Exzellenz und Wertschätzung motivieren. Sie sprechen weltweite Sehnsüchte von Menschen an. Zum ersten Sinn- und Visionsvermittlung: Wer Leistung fordert, muss Sinn bieten. Man muss transportieren, warum etwas gemacht wird. Dann die Freude an der Arbeit: Nur was man gerne macht, macht man gut. Konsequenterweise muss man die Mitarbeiter so einsetzen, dass sie ihre Talente entwickeln können, und sie gelegentlich fragen: Was muss passieren, damit die Arbeit mehr Freude und Spaß macht?

An dritter Stelle steht Transparenz. Der nicht informierte Mitarbeiter wird sein Potenzial nicht aktivieren. Führen ist überwiegend Kommunikation, und wo die Führungskraft nicht kommuniziert, denkt der Mitarbeiter automatisch, er genieße keine Wertschätzung. Hinzu kommen Autonomie und Partizipation: Als Chef sollte man Mitarbeitern möglichst viele Freiräume geben, damit sie das Gefühl von Selbstwirksamkeit haben. Zu oft hat man Führungskräfte, die sagen: « Ich habe heute meinen besten Mitarbeiter mitgebracht, ich komme selber. » Sie entmündigen damit den Mitarbeiter.

Par Dieter Frey (Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Leiter des LMU-Centers für Leadership und People Management)

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Erschienen am 4. Januar 2015 in der Süddeutsche Zeitung.